Karl Schmoll von Eisenwerths Gläser
für die Ferdinand von Poschinger Glashütte
Aus einer privaten Jugendstilsammlung stammen die auf den folgenden Seiten präsentierten Gläser aus der Glashütte Ferdinand von Poschinger, die über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten zusammengetragen werden konnten. Darunter sind auch einige lüstrierte Vasen mit fein gekämmtem Fadendekor und Pfauenfederdekor, die von dem Künstler Karl Schmoll von Eisenwerth entworfen wurden und sehr selten auf dem Kunstmarkt erscheinen.
Die Glashüttenwerke von Ferdinand Poschinger in Buchenau im Bayerischen Wald gehörte zu den führenden Manufakturen, die um 1900 Kunstgläser mit modernen Lüsterdekoren herstellen konnten. Louis C. Tiffany hatte mit seinen Entwürfen auf den Weltausstellungen neue Maßstäbe im Bereich der Kunstgläser gesetzt.
In der Glashütte Ferdinand Poschinger gehörte der bedeutende Jugendstilmaler Karl Schmoll von Eisenwerth (1879-1947) neben Hans Christiansen und Julius Diez zu den Künstlern, die Formen des Jugendstils in die Produktion von Kunstgläsern erfolgreich einbrachten. Ferdinand von Poschinger, der sein Erbe 1881 angetreten hatte, war allem Neuem gegenüber aufgeschlossen. Er sorgte auf seinem Grund für eine bessere Infrastruktur, den Anschluss an das Eisenbahnnetz und versorgte den Ort Buchenau flächendeckend mit Elektrizität. Unter seiner Führung nah- men die Buchenauer- und die Spiegelhütte an zahlreichen internationalen Ausstellungen teil – 1893 an der Weltausstellung in Chicago und 1900 auf der Weltausstellung in Paris.
Karl Schmoll von Eisenwerth hielt sich ab 1900 bis 1914 regelmäßig in Buchenau auf, mindestens aber einmal im Jahr, um Kunstgläser zu gestalten.
Poschingers Kollektion für die Pariser Weltausstellung, die mit einer Silbermedaille ausgezeichnet wurde, bestand unter anderem aus modischen Gläsern mit umsponnen gekämmten Dekor in der Art Tiffanys (Vgl. Höltl (Hrsg.), Das Böhmische Glas, Bd. V, Passau 1995, S. 18). Ein wunderbares Beispiel hierfür ist die hohe Vase in Form einer länglichen Blütenkapsel in hellblauem Grundton (Kat. Nr. 300) mit hellvioletten und grünen gekämmten Fäden und Perlmuttschimmer. Aufgrund der aufwendigen Signatur handelt es sich bei diesem Exemplar sehr wahrscheinlich um eine jener Vasen, die für die Weltausstellung in Paris gefertigt wurden (Vgl. Höltl (Hrsg.), Das Böhmische Glas, Bd. V, Passau 1995, Nr. V. 14).
In der Poschinger Glashütte wurden Kunstgläser hoch geschätzt. Die besten Entwürfe entstanden als Unikate oder in Kleinstauflagen, die signiert und nummeriert wurden. Im Gegensatz zu den stark metallisch schillernden Gläsern aus der Glashütte Joh. Lötz Wwe. mit ihren oft expressiv verlaufenden irisierten Fäden lag der Schwerpunkt bei Poschinger auf einem harmonischen Gesamteindruck mit zarten, weichen Farben. Es dominieren symmetrische federartige Formen, die auch in den Bereichen von Stand und Mündung wieder aufgenommen, aber variiert werden.
Karl Schmoll von Eisenwerth experimentierte zudem mit Überfangglas, mit Ätztechniken und Schnittechniken sowie der von Emile Gallé meisterhaft beherrschten ‚Marqueterie de Verre‘- Technik, bei der vorgefertigte Glasteile mit einem bereits bestehenden Untergrund zusammengefügt werden. Von Schmolls ‚französischem Stil‘ zeugt eine Kegelstumpfvase mit umlaufender Teichlandschaft (Kat. Nr. 309) , die in Ätz- und Schnitttechnik gefertigt wurde. Über einer Wasserfläche mit Fischen erscheinen prachtvolle Lotusblüten in Dunkelblau vor grünen Farbtönen.