Auktion 154D
Moderne Kunst
10. Dezember 2020 um 15:00 MEZ
Katalog
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Im Auktionskatalog online blätternMit über 300 Losen wird die zweite Kunstauktion im Jahr 2020 begannen. Wieder liegt der Schwerpunkt des Angebotes auf Pop Art und Neo Pop Art.
Andy Warhol: Der ‚Kunst-Businessman‘
46 Lose stammen von Andy Warhol. Sie spannen den Bogen von seiner frühen Schaffensphase als Werbegraphiker und Illustrator bis hin zu seinem reifen Werk. Aus der frühen Periode stammen drei Arbeiten mit seinen bekannten ‚Shoe‘-Zeichnungen, von denen einer in Gelb, einer in Blau-Schwarz festgehalten ist. Der dritte hat ein kariertes Muster (Lose 529 - 531, Taxen jeweils 8.000-10.000 Euro). Zu Ihrer Bedeutung und eigenen Wertschätzung führte Andy Warhol in seiner ‚Philosophy‘ aus: ‚Als ich noch für verschiedene Illustrierte Schuhe gezeichnet habe, bekam ich für jeden Schuh einen bestimmten Lohn, also habe ich meine Schuhe zusammengezählt, um mir auszurechnen, wieviel ich kriegen würde. Ich habe von der Anzahl der Schuhzeichnungen gelebt – ich brauchte sie nur zu zählen, um zu wissen, wieviel Geld ich hatte‘. Zusammenzählen sollte man als Künstler seine Bilder, um, so Warhol dann im O-Ton weiter: ‚damit Du immer weißt, wieviel du wert bist, und nicht irrtümlich annimmst, dein Produkt, das seist du selbst und dein Ruhm und deine Aura‘. 1 Aus der Zeit, in der Warhol als Graphiker tätig war, stammt zudem u.a. der ‚Christmas Tree‘ (Los 534, Taxe 10.000-15.000 Euro). Zu den spannenden Losen der Warhol-Offerte gehören ferner zwei Probedrucke: Einmal ist es der zweifach nebeneinander ausgeführte Proof als ‚Jackie III‘ (Los 534, Taxe 2.000 - 3.000 Euro), einmal der ‚Electric Chair‘ aus der Edition Bischofberger (Los 550, Taxe 5.000-7.000 Euro). Zu Liz Taylor hatte Andy Warhol, wie zu vielen internationalen Stars mit ikonischem Status, eine ganz besondere Beziehung. Er drehte als Filmdarsteller gemeinsam mit ihr in Rom, trat dort wie anderswo als ihr Begleiter auf, wenn die gesamte Hollywood-Prominenz zu einem internationalem Empfang eingetroffen war. Er wusste viele Details über sie, etwa, dass sie auf Reisen zwei Tage benötigte, um ihr Gepäck auszupacken. Warhol verewigte ‚Liz‘ viele Male. Eine ‚Liz‘ wurde auch das Motiv für die erste Warhol-Ausstellung in Kanada, die die Galerie Morris International 1964 in Toronto veranstaltete. Das in serigraphischem Verfahren hergestellte Plakat in prächtiger Farbgebung ist von Warhol selbst signiert (Los 561, Taxe 10.000 - 15.000 Euro). Andy Warhol hat zeitlebens unzählige Polaroids gemacht, die er alle aufbewahrte und die über seinen Nachlass für die Nachwelt erhalten wurden. In dieser Hinsicht war er, wie immer, seiner Zeit voraus, ein konsequenter Upcycler. ‚Für diese Leftovers habe ich eine Vorliebe‘ 2 heißt es dazu in seiner ‚Philosophy‘. Das Aufbewahren gehörte zu seinen grundlegenden Charakterzügen und ist Teil seines Schaffens. Es gab weder in seiner Factory, bei seinem Filmschaffen noch in seinem Every-Day-Life Abfall. Essensreste verschenkte er, Materialabfälle oder auf den ersten Blick weniger Gelungenes warf er nicht weg. In der Auktion befinden sich einige seiner Polaroids, gut inszenierte Selbstportraits (Lose 537 und 539, Taxen je 3.500 - 4.500 Euro) und Momentaufnahmen. Ein besonders schmuckes Stück unter den Polaroids ist die ‚Candy-Box‘ (Los 562, Taxe 6.000-8.000 Euro). Süßigkeiten waren eine Amour Fou von Andy Warhol, der sich von Zucker hätte ernähren können: ‚Als Kind habe ich nie davon geträumt, ein Dienstmädchenzimmer zu haben; wovon ich geträumt habe, waren Süßigkeiten. Mit zunehmender Reife hieß der Traum dann in abgewandelter Form; Geld verdienen, um Süßigkeiten zu haben, denn man wird natürlich, wenn man älter wird, auch realistischer. Selbst nach meinem dritten Nervenzusammenbruch hatte ich immer noch keine Extrabonbons, aber dann ging es plötzlich mit meiner Karriere aufwärts, und ich kam zu immer mehr Süßigkeiten. Wenn ich so darüber nachdenke, dann hat mir der Erfolg statt einem Dienstmädchenzimmer ein Süßigkeitenzimmer verschafft.‘ 3 Wer im übrigen die ‚Philosophy’ von Andy Warhol nachlesen möchte, der sollte sich Los 553 sichern, ein signiertes und mit einer Gefälligkeitszeichnung versehenes Exemplar aus dem Jahr 1975, verlegt von Harcourt Brace Jovanovic (Taxe 3.000-4.000 Euro).
AW’s Friends and Followers
Zum Umfeld von Andy Warhol gehörte der jüngere Keith Haring, der zeitweise mit Angel Ortiz (LA II) kooperierte. Haring zugeschrieben ist das bemalte Subway Sign der New Yorker ‚Pacific Street‘ mit einem Radiant Baby und einem Dancing Man in Weiß (Los 454, Taxe 3.000-4.000 Euro). Eine kleine Zeichnung von Haring stammt aus der Sammlung Helge Achenbach (Los 453, Taxe 10.000-15.000 Euro). Bildträger ist hier ein Bierdeckel der legendären Düsseldorfer Brauerei und Schwemme 'Im Füchschen'. Wie Warhol, so hat auch Haring das US-Geld inspiriert: Über Eine Zwei-Dollar-Note tanzen sechs seiner Dancer, der mittlere stemmt ein Radiant Baby (Los 451, Taxe 1.000-1.500 Euro). Von Haring stammt außerdem ein Autograph, eine briefliche Bescheinigung, die er für seinen Malerkollegen LA II verfasste und ebenfalls mit einem Radiant Baby signierte (Los 452, Taxe 1.000-2.000 Euro). Haring und LA II zugeschrieben ist der ‚Dancing Man‘, eine Zeichnung auf einer großen vorgefundenen Holzplatte. Während die Figuren von Haring stammen, hat sich Angel Ortiz hier mit seinen unverkennbaren ornamentalen Scribbeln verewigt (Los 449, Taxe 5.000-6.000 Euro). Von LA II allein stammt das programmatische Werk ‚Lefty‘, das im Jahr 2007 entstand (Los 492, Taxe 3.200-3.800 Euro). Von den Neo Pop Art-Positionen ist der große 'Four Foot Dissected Companion (Black)‘, 2009, mit seiner Größe von rund 130 cm in der Höhe ein ganz besonderer Blickfang (Los 472, Taxe 35.000-40.000 Euro). Weitere Positionen der Neo Pop Art oder Street Art stammen von Banksy, Mr Brainwash, Ottmar Hörl, Damien Hirst, Jeff Koons, Nara, Julian Opie und Rose Popay.
Klassiker Im Bereich der klassischen Positionen ist eine marktfrische Gouache des Wiener Malers Maximilian Lenz besonders erwähnenswert, die aus einer norddeutschen Privatsammlung übernommen werden konnte (Los 389, Taxe 5.000-6.000 Euro). Sie zeigt eine bacchantische Szene und entstand im Jahr 1898. Zwei Gemälde von Cucuel, die wohl in Süddeutschland entstanden, fangen Lokalkolorit ein. Da sind das Porträt von ‚Evechen Meyerweissflog’ (Los 370, Taxe 12.000-15.000 Euro) und die ‚Junge Frau am See mit Sonnenschirm‘ (Los 369, Taxe 14.000-18.000 Euro), beide vor einer Seekulisse, wie sie für Bayern typisch ist.
1Andy Warhol, Die Philosophy des Andy Warhol von A bis B und zurück, Frankfurt, 3. Auflage 2013, Seite 84.
2Ibid., Seite 87.
3Ibid., Seite 101.