Die Libelle im Jugendstil
Ende des vorletzten Jahrhunderts fanden viele Künstler ihre Vorbilder in Flora und Fauna. Eine besondere Bedeutung kam dabei – auch unter dem Einfluss des Japonismus und des Symbolismus – den Schmetterlingen zu, die als Sinnbild der Schönheit und Vergänglichkeit der Existenz galten.
Im Gegensatz dazu stand die ebenso faszinierende, aber „trügerisch und gefährliche Schönheit“ der karnivoren Libelle. Das Insekt mit seinem langen, biegsamen Körper in schillernden Farben und den vier langen, durchsichtigen, Flügeln inspirierte Künstler zu Gedichten und musikalischen Kompositionen. Die Libelle wurde zu einem beliebten Dekor in vielen Bereichen der angewandten Kunst. Dargestellt wurde sie zarten Emailfarben auf Glasvasen, in Pâte-sur-Pâte auf Porzellan, als Marketerie oder als feine Schnitzarbeit in der Möbelkunst.
Wir freuen uns sehr, Ihnen einige besonders seltene und hochwertige Darstellungen dieses ästhetisch und motivisch reizvollen Insekts mit den Objekten in unserer kommenden Auktion nahebringen zu können.
Den Anfang macht ein Flakon von Emile Gallé, bei dem man förmlich das Surren des herumfliegenden Libellenschwarmes zu hören glaubt (Schätzpreis EUR 8.000 – 10.000). Der Universalkünstler wiederholte das Motiv auf einigen seiner Möbel wie dem Musikschränkchen mit Sumpflandschaft und vier fliegenden Libellen in Marketerie. Das extrem seltene Möbel, das um 1900 datiert, wird von zwei sich gegenüberstehenden, offen geschnitzten Libellen bekrönt (Sschätzpreis EUR 8.000 – 12.000). Als Ikone des Jugendstils darf man auch den Beistelltisch für die Weltausstellung in Paris im Jahr 1900 bezeichnen, bei dem drei Libellen gleichsam als geschnitzte Karyatiden der Tischplatte fungieren (Schätzpreis EUR 18.000 – 24.000).
Clara Driscoll, die Hauptentwerferin bei den Tiffany Studios, verzierte den Schirm der zum Aufruf kommenden ‚Dragonfly‘-Tischleuchte von 1899 statisch-ornamental mit gleich sieben Libellen mit ausgebreiteten Flügeln in verschiedenfarbigem Bleiglas (Schätzpreis EUR 35.000 – 45.000).